Die große Frage, die sich viele Eltern stellen. Wann ist die Eingewöhnung eigentlich abgeschlossen?
Eine Eingewöhnung gilt als abgeschlossen, wenn das Kind mehrere Stunden in der Kita verbleiben kann (und dabei nicht länger als kurz am Anfang weinen muss). Es hat eine gute Beziehung zu den Erzieherinnen aufgebaut und kommt von sich aus in Spielsituationen. Das morgendliche Ablösen von den Eltern klappt mit Unterstützung gut bzw. das Kind lässt sich nach anfänglicher Traurigkeit beruhigen und kann dann gelöst am Tagesablauf teilnehmen.
Sowohl Erzieherinnen, als auch Eltern wünschen sich natürlich eine erfolgreiche und schnelle Eingewöhnung. Es gibt Modelle, die einen gewissen Ablauf vorgeben und an denen sich manche Kitas orientieren z.B. das Berliner Modell. Doch viel wichtiger, als ein Modell ist das Verhalten des Kindes!
Gerade hochsensible Kinder, die sich mit Veränderungen schwer tun und Emotionen ohnehin als sehr intensiv erleben, benötigen für diesen Übergang mehr Zeit! Es ist eine große Herausforderung sich in der neuen und unbekannten Rolle des Kindergartenkindes einzufinden. Ebenso gibt es auf einmal zwei völlig unterschiedliche Lebensbereiche – Kita und Familie. Zusätzlich ist diese Zeit geprägt von sich verändernden und neuen Beziehungen. Zu Kindern, Erzieherinnen, aber auch zu den Eltern. Denn auch Eltern müssen in die neue Rolle „Kindergarteneltern“ hineinwachsen und mit den Anforderungen allmählich zurecht kommen. Es ist nicht immer leicht sich morgens von seinem Kind zu lösen, es alleine in der Kita zu lassen, oder überhaupt in die Kita zu bringen. Alle Beteiligten stehen vor der Veränderungen ihres gewohnten Lebenssystems. Auch die bestehende Kindergartengruppe und die Erzieherinnen erleben eine Veränderung des System und es dauert eine Weile bis sich alles einpendelt.
Deswegen ist der Faktor Zeit so bedeutsam. Er bedeutet, dass alle Beteiligten Geduld haben und den Druck raus nehmen. Es braucht Zeit neue Menschen kennenzulernen, ebenso wie neue Abläufe und auch neue Räumlichkeiten. Wenn Kindern diese Zeit zugestanden wird, dass sie sich ihrem Tempo gemäß eingewöhnen dürfen, haben sie eine gute Grundlage!
Viele Eltern machen sich Gedanken, wenn ihr Kind morgens traurig ist, wenn sie es in die Kita bringen und befürchten, dass es noch nicht wirklich angekommen ist. In diesem Fall gilt es vor allem mit der Erzieherin zu sprechen und auf ihre Beobachtungen zu vertrauen. Ein Kind, was nach der Verabschiedung nicht ins Spiel findet, traurig aussieht und sehr ungelöst wirkt, ist tatsächlich noch nicht eingewöhnt.
Allerdings neigen gerade die eher introvertierten HSK dazu in für sie noch ungewohnter Umgebung den Posten des Beobachters einzunehmen. Sie sitzen zwar im Stuhlkreis, spielen und singen aber nicht mit. Zu Hause können sie aber alle Texte auswendig singen und spielen mit den Geschwistern gern die Spiele nach (Stichtwort: sichere Umgebung).
Oft brauchen sie länger um Freundschaften zu knüpfen, zu Beginn sind es vor allem die Erzieherinnen an denen sie sich orientieren und sie verbringen viel Zeit damit, auch die anderen Kinder zu beobachten, um ihr Verhalten einschätzen zu können.
Aus meiner eigenen zehnjährigen Erfahrung kann ich sagen, dass HSK deutlich länger brauchen, um sich rundum wohl in der Kita zu fühlen. Es macht für mich keinen Sinn sie zu drängen aktiv an Spielen teilzunehmen etc. stattdessen finde ich es wichtig, sie immer dazu einzuladen und ihre Antwort zu respektieren. Wirklich spannend war für mich die Beobachtung, dass oft genau diese eher stillen und zurückhaltenden Kinder irgendwann nicht nur richtig auftauen, sondern auch eine sehr wichtige Rolle in der Kindergruppe einnehmen. Denn wenn sie richtig angekommen sind und sich sicher fühlen mit den anderen Kindern und den Erzieherinnen dann können sie ihre Stärken zeigen. Ihre häufig sozialen ausgeprägten Fähigkeiten machen sie dabei zu Ansprechpartnern für die Kinder. Sie übernehmen auch gerne die Rolle des „Größeren“, wenn neue Kinder eingewöhnt werden und scheinen sich sehr gut in deren Situation hineinversetzen zu können. Ihre Beobachtungsgabe war auch für mich faszinierend. So sind sie die „Alleswissler“ des Kindergartens, können Hausschuhe und Kleidungsstücke schneller zuordnen als ich, oder mir auch hilfsbereit mitteilen, wo ich meine Teetasse abgestellt habe. Sie sind eine Bereicherung für eine Kindergartengruppe und bringen durch ihr Wesen wichtige Impulse hinein.
Um ihr Potential zeigen zu können, um sich gelöst zu verhalten und sich auf andere Menschen einlassen zu können, brauchen hochsensible Kinder eine sichere Basis!
Verantwortlich für diese Basis sind die Eltern und die Erzieherinnen in ihrer gemeinsamen Arbeit für das Kind. Durch einen guten und ehrlichen Austausch, durch gegenseitigem Respekt und die Freude sich auf andere Menschen und Situationen einzulassen. Ebenso wichtig ist, dass sich alle Beteiligten Zeit nehmen und dem Kind keinen Druck machen! Das Kind profitiert natürlich sehr davon positive Erlebnisse in der Kita zu machen! Mit den Eltern während der Eingewöhnungszeit und dann mit den Erzieherinnen und anderen Kindern. Ein hochsensibles Kind fällt es oftmals etwas leichter diesen Übergang zu meistern, wenn die Eltern es eine vertrauensvolle und lebensbejahende Haltung ausstrahlen. Denn ängstliche, zweifelnde, oder negative Emotionen der Eltern spüren diese Kinder meistens deutlicher, als normal sensible Kinder. Sie können dadurch in ihren eigenen Gefühlen von Unsicherheit, oder Angst zusätzlich bestärkt werden.
Impulsfragen für dich
• Freut sich dein Kind auf die Kita? Wenn ja warum? Wenn nein warum?
• Finde heraus was dein Kind in der Kita besonders gern spielt
• Finde heraus ob dein Kind Freunde hat, oder welche Kinder es toll findet
• Finde heraus, ob es Kinder gibt vor denen dein Kind Angst hat und warum
• Bist du mit dem Abschiedsritual am Morgen zufrieden? Wenn nein, was könntet ihr ändern?
• Bist du mit dem Kontakt zur Bezugserzieherin zufrieden? Wenn nein was würdest du dir von ihr wünschen? Und was kannst du dafür tun?
• Hast du Hemmungen nachzufragen, ins Gespräch mit den Erzieherinnen zu gehen? Wenn ja, warum und was kann dich unterstützen es dennoch zu probieren?
• Fühlst du dich wohl mit der Entscheidung für die Kita?
• Was für Ängste hattest du vor der Eingewöhnung und welche davon sind tatsächlich eingetreten?
• Welche Ängste sind noch da?
• Gibt es eine Angst, die dich so sehr beschäftigt, dass es wichtig wäre, sie sich richtig anzusehen?
• Mit wem kannst du über diese Angst sprechen? Tu es!
Hallo Verena,
Vielen Dank für diesen Beitrag. Er kam gerade richtig. Du hast uns ja vor ein paar Wochen ganz toll bei unserer schwierigen Eingewöhnung begleitet und ich denke mir immer wieder, was für ein großes Glück wir damit hatten, ein Stück weit von dir begleitet zu werden. Daher möchte ich beim Lesen dieses Artikels hier die Gelegenheit noch mal nutzen, um ein großes Danke an dich auszusprechen! Deine Arbeit ist wirklich wertvoll =) Unsere L. geht nun übrigens seit nun schon 3 Wochen täglich 3,5 Stunden in den Kiga. Die Ablösung morgens klappt schnell und ohne Tränen mittlerweile. Manchmal will sie auch nicht hin, weil sie zuhause lieber spielen will,sie hat sooo viele Ideen, die umgesetzt werden müssen. Da merke ich dann, dass es einfach eine riesige Umstellung für ein Kind ist, sich den ganzen Vormittag lang immer wieder anpassen zu müssen. Und das beginnt eben schon dabei, morgens nicht so lange spielen zu können wie gewohnt. Aber ich weiß, dass wir auf einem guten Weg sind =) Liebe Grüße, Laura
Oh liebe Laura ich freu mich so, dass es bei euch so gut läuft und danke dir von ganzem Herzen für deine Nachricht! Alles Liebe zu dir