Du willst nicht mit deinem Kind schimpfen, aber manchmal reißt dir der Geduldsfaden?

Vielen Eltern geht es so. Schließlich ist das Leben mit Kindern nicht immer einfach. Und in stressigen Situationen greift man oft intuitiv auf Gewalt zurück…

Doch mit ein paar Tricks und Kniffen kannst du lernen, wie gewaltfreie Erziehung funktioniert. Wie genau das geht, und worauf du bei der gewaltfreien Erziehung achten solltest, erfährst du in diesem Artikel.

 

 

Was bedeutet gewaltfreie Erziehung?

Gewaltfreie Erziehung bedeutet, bei der Erziehung komplett auf Gewalt zu verzichten. Dabei geht es nicht nur um körperliche Gewalt, sondern auch verbale Gewalt und seelische Gewalt. Folgendes ist damit gemeint:

  • Beispiele für körperliche Gewalt: Schlagen, Mitziehen, grob anpacken, Prügel
  • Beispiele für verbale Gewalt: Schimpfen, Drohungen aussprechen, Tadel, Kritik, Nörgeln, Manipulation, Konsequenzen
  • Seelische Gewalt: Nötigung, Liebesentzug, Beschämung, Druckausübung

Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung

Es ist übrigens sogar gesetzlich verankert, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben. Die Definition in Paragraph 1631 des BGB lautet:

Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.”

Das klingt jetzt alles ziemlich drastisch. Aber die wenigsten Eltern verprügeln oder bedrohen ihr Kind – zum Glück.

Jedoch kommt es auch auf die kleinen Dinge im Alltag an. Denn selbst, wenn wir es aus Elternperspektive gar nicht so gemeint haben, oder nur selten die Beherrschung verlieren – das Kind leidet dennoch.

Und das kann langfristige Folgen haben…

 

 

Mögliche Folgen von Gewalt in der Erziehung

Die Erfahrung von Gewalt in der Kindheit kann dazu führen, dass dein Kind lernt, dass es sich im Leben am besten durch Gewaltanwendung durchsetzen kann. Beziehungsweise, dass es eben ein notwendiges und probates “Mittel zum Zweck” ist, um seine Ziele zu erreichen.

Zudem entwickelt dein Kind möglicherweise einen Mangel an Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Vor allem hochsensible Kinder ziehen sich immer stärker zurück, wenn sie Gewalt ausgesetzt sind oder ihre Bedürfnisse nicht wahr- und ernstgenommen werden.

 

 

Wie gelingt gewaltfreie Erziehung?

Zuallererst ist es mir ganz wichtig, dass du folgendes verstehst:

Gewaltfreie Erziehung passiert nicht von heute auf morgen. Auch für uns Eltern ist es ein Lernprozess. Denn meistens geht die instinktive Gewaltanwendung auf eigene negative Kindheitserfahrungen zurück. Zum Beispiel, wenn…

  • deine Eltern oft geschimpft oder gestritten haben
  • du dich als Kind dem Willen deiner Eltern stark unterordnen musstest
  • du Angst vor Drohungen und Nötigung von Lehrern erlebt hast

Diese Erfahrungen haben dich geprägt, auch wenn es dir nicht immer bewusst ist. Das Gute ist: Du hast es selbst in der Hand, dein Verhalten zu ändern!

Beachte jedoch auch:

Selbst, wenn du dich nach Kräften bemühst, kann es ab und zu vorkommen, dass du die Beherrschung verlierst. Aber deshalb bist du nicht gleich eine schlechte Mutter oder ein schlechter Vater!

Du bist schließlich auch nur ein Mensch! Fehler macht jeder.

Am wichtigsten ist es deshalb, dass du dein Verhalten reflektierst und aus deinen Fehlern für die Zukunft lernst.

 

 

Verweichlicht mein Kind durch gewaltfreie Erziehung?

Viele Eltern haben Angst, dass ihr Kind ihnen irgendwann auf der Nase herumtanzt, wenn sie ihm nicht durch Schimpfen und Zwang zeigen, “wie der Hase läuft”.

Natürlich ist schimpfen der “einfachere” Weg. Aber es geht ganz sicher auch ohne. Dazu braucht es aber viel

  • Ausdauer
  • Engagement
  • eine solide Vertrauensbasis zwischen Eltern sowie
  • eine gute Bindung zu deinem Kind

Damit dir die gewaltfreie Erziehung leichter fällt, habe ich im Folgenden die 5 wichtigsten Tipps für dich zusammengestellt. Sie sind super-einfach und du kannst sie sofort umsetzen:

 

 

1. Setze Grenzen friedvoll

Dein Kind quengelt an der Supermarktkasse nach einem Schokoriegel, obwohl du schon zum 35-Mal gesagt hast, dass es keinen bekommt? So schaffst du es, die Situation ohne Schimpfen zu lösen:

  • Versuche, die Gefühle deines Kindes zu verstehen und auszudrücken: “Ich sehe, du willst unbedingt einen Schokoriegel, weil du sie soo gerne isst und Hunger hast.”
  • Beschreibe deine Gefühle: “Ich bin nervös. Ich möchte jetzt alle Einkäufe fertig erledigen. .”
  • Beschreibe deine Bedürfnisse: “Mir ist wichtig, dass du so kurz vorm Abendessen nichts mehr nascht.”
  • Beschreibe deinen Wunsch und findet eine Lösung, die für euch beide ok ist: “Ich bleib dabei, es gibt keine Schokolade. Wie wäre es wenn wir zuhause XY kochen, denn ich weiß, dass schmeckt dir so gut…Bist du damit einverstanden?”

 

 

2. Sei respektvoll zu deinem Kind

Aus der Elternperspektive verliert man manchmal den Blick dafür, aber: Kinder haben Bedürfnisse und wollen mit Respekt behandelt werden. Sie können es oft nur noch nicht so gut ausdrücken.

Achte darauf…

  • deinem Kind auf Augenhöhe zu begegnen
  • ihm zu zeigen, dass es als selbstständige Persönlichkeit mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen willkommen ist
  • seine Privatsphäre zu achten
  • die Interessen deines Kindes zu fördern, anstatt ihm anderes aufzuzwingen (z.B. Sportverein, Musikschule etc.)

 

 

3. Stärke die Bindung zu deinem Kind

Eine starke Eltern-Kind-Beziehung ist das A und O für ein harmonisches Familienleben. So stärkst du die Bindung zu deinem Kind:

  • Verbringe viel Zeit mit deinem Kind
  • höre deinem Kind gut zu
  • versuche, bei Problemen Lösungen gemeinsam mit deinem Kind zu finden
  • zeig ihm dein Vertrauen und deine Liebe (“Ich glaub an dich, du schaffst das!”, “Ich liebe dich!”)
  • Sorge für viel liebevolle Kuscheleinheiten (Körperkontakt)

 

 

4. Lerne, bei Wutanfällen gelassen zu bleiben

Der Umgang mit Extremsituationen wie Wutanfällen – vor allem in der Öffentlichkeit – ist nicht einfach. Mit dieser Methode lernst du, wie du Wutanfälle bei Kindern schimpf-frei begleitest und dabei selbst gelassen bleibst: Wutanfälle beim Kind schimpffrei begleiten (Anleitung & Tipps)

 

 

5. Entschuldige dich

Zu guter Letzt: Solltest du dein Kind einmal mehr beschimpft oder grob behandelt haben, kannst du es nicht mehr rückgängig machen. Aber du kannst dich dafür entschuldigen!

Damit zeigst du deinem Kind, dass der Fehler nicht bei IHM, sondern bei DIR lag. Ihr könnt klären, was überhaupt zu der Eskalation geführt hat und was jeder dazu beitragen kann, solche Situationen in Zukunft zu vermeiden.

Und die Versöhnung stärkt gleichzeitig die Bindung zu deinem Kind. 😉

Das waren meine 5 besten Tipps für gewaltfreie Erziehung. Und nochmal: Erwarte nicht von dir selbst, alles sofort perfekt umsetzen zu müssen. Viel Erfolg beim Ausprobieren und Lernen!

 

Gastartikel von: Birgit Gattringer

Herzlichen Dank für deine Arbeit!

 

 

Alle Infos zu Birgit und der Website “Starke Kids” gibt es hier:

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