Morgens im Kindergarten ankommen… eine große Herausforderung und deswegen gibt es hier eine kleine Anleitung für Eltern
Einer der emotional schwierigsten Momente für Eltern, ist es morgens das Kind an die Erzieherin zu übergeben, wenn das Kind selbst, aber gar nicht loslassen möchte. Morgens im Kindergarten ankommen – das ist tatsächlich ein Prozess, der immer entspannter werden wird, je vertrauter du und dein Kind mit der Kita seid und je klarer der Ablauf der Ablösung ist. In diesem Artikel möchte ich dir eine kleine Anleitung anbieten, von einem Vorgehen, dass sich in meiner 11 jährigen Berufserfahrung wirklich bewährt hat. Zu beachten ist natürlich wie immer, dass ich hier nur allgemeine Tipps geben kann und du mit deinem Kind und der Bezugserzieherin auch immer individuell schauen müsst, was passt. Das kann je nach Tagesform auch variieren. Die Anleitung hab ich für Kinder und Eltern geschrieben, die die ersten Wochen der Eingewöhnung bereits hinter sich haben und wo du als Elternteil darauf vertraust, dass dein Kind eine Beziehung zum Kindergarten und den pädagogischen Fachkräften aufgebaut hat!
Let’s go! Was kannst du machen, um dein Kind beim morgendlichen Ankommen im Kindergarten zu unterstützen
1. Beachte und beobachte die Tagesform deines Kindes am Morgen und schaffe wenn möglich ein bisschen Zeit für euch. Wenn morgens schon Stress entsteht und das Kind direkt funktionieren soll, kann das die Laune schon beachtlich in den Keller schießen.
2. Begleite dein Kind in die Kita und auch in den Gruppenraum hinein. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viele Eltern ihr Kind morgens im Flur einfach stehen lassen und verschwinden, ohne mir als Erzieherin überhaupt „Hallo“ gesagt zu haben. Dass das für Kinder echt ne harte Nummer ist und ich in ein Aufsichtspflichtdilemma komme, liegt auf der Hand.
3. Begleite und unterstütze dein Kind bei Bedarf beim Umziehen in der Garderobe. Schenke Präsenz und Nähe. Wenn dein Kind sich doll an dich klammert, bleib ruhig und in deiner Klarheit. Dein Kind darf Verlustangst haben, aber du als Erwachsener solltest diese Ängste nicht zusätzlich füttern.
4. Übergib dein Kind an die Erzieherin, die morgens Dienst hat und informiere sie, wenn nötig über das, was dir wichtig erscheint. Je größer die Kitas werden und je länger die Öffnungszeiten, desto weniger wahrscheinlich, dass dir jeden Morgen die gleiche (liebgewonne) Erzieherin begegnet. Das ist nicht leicht, weder für das Kind, noch für dich, noch für die Erzieherin, die vielleicht gar nicht viel Kontakt zu deinem Kind hat. Dennoch und gerade deswegen lohnt sich Freundlichkeit und Offenheit auf beiden Seiten. Und ein immer gleich bleibendes Abschiedsritual, was unabhängig von einer bestimmten Erzieherin funktioniert!
5. Habt ein Ritual und haltet es ein. Ein immer gleicher Abschied gibt gerade hochsensiblen Kindern Orientierung und Halt. Wenn eine Erzieherin euer Ritual nicht kennt, kommuniziere es und bitte sie darum, wenn nötig, euch dabei zu begleiten!
Beispiel: Du gehst mit deinem Kind in die Gruppe, gibst deinem Kind sein Schnuffeltuch/Kuscheltier, begleitest es zur Fensterbank, dort übernimmt die Erzieherin, du gibst deinem Kind einen Kuss, ihr sprecht ab, wann du dein Kind wieder abholst und dann gehst du aus dem Gruppenraum. Falls möglich kannst du von Außen nochmal winken, ein Küsschen schicken, oder ein Herzchen ans Fenster hauchen (das war der Renner eine zeitlang) und dann gehst du.
Wichtig: Ist dein Kind noch ganz frisch im Kindergarten und voll in der Eingewöhnung, kannst du dir dafür natürlich mehr Zeit nehmen, noch ein Spiel mit deinem Kind spielen und die Erzieherin ist vermutlich wesentlich mehr eingebunden.
Mehr über Rituale erfährst du in diesem Blogartikel von mir.
6. Wenn du große Sorge hast, weil dein Kind viel geweint hat, kannst du mit der Erzieherin vereinbaren, dass du in 15 Minuten anrufst, um dich kurz zu informieren, wie es deinem Kind geht. Das hilft dir als Elternteil ungemein, um dir nicht den ganzen Tag Sorgen und Gedanken machen zu müssen.
7. Wie geht es im Kindergarten weiter, wenn du weg bist? Wenn dein Kind einigermaßen sicher eingewöhnt ist, wird es vielleicht kurz weinen (das ist völlig okay) und von der Erzieherin begleitet werden. Die Erzieherin wird dein Kind irgendwann einladen etwas zu spielen, deinem Kind etwas vorlesen, oder in eine andere Tätigkeit bringen und in der Regel läuft dann alles wie von selbst 🙂
8. Wenn dein Kind nicht aufhört zu weinen, dann ist es entweder noch gar nicht richtig eingewöhnt, braucht eine bestimmte Bezugserzieherin, oder es gab einen Vorfall in euerer Familie, oder vielleicht auch am Tag davor im Kindergarten, der es total beschäftigt. Dann such bitte das Gespräch mit der Erzieherin und überlegt euch (wenn möglich auch durch ein kleines Gespräch mit dem Kind), was dein Kind braucht, um sich wohl und sicher zu fühlen (von dir und von den pädagogischen Fachkräften – Teamwork!).
Kleine Geschichten über das morgendliche Ankommen im Kindergarten
Mädchen X kam noch nach 2 Jahren jeden Morgen auf die gleiche Weise im Kindergarten an. Sie drückte sich eng an ihre Mama, nahm schüchtern Augenkontakt auf, ich streckte meine Arme nach ihr aus und sie hüpfte erleichtert auf meinen Schoß. Dort gab Mama ihr noch einen Kuss und ging.
Junge Y fiel es total schwer tschüss zu sagen und ihm half es gleich abgelenkt zu werden. Er wünschte sich immer etwas vorgelesen zu bekommen und so saßen wir täf´glich auf der Fensterbank mit ein paar Kissen, er suchte sich ein Buch aus, kuschelte ein bisschen und meistens kamen noch ein paar andere Kinder dazu.
Junge Z musste immer das Fenster aufmachen, der Mama noch einen Kuss nach außen geben, das Fenster wieder selbst (!) zu machen und saß dann so lange am Fenster (meistens winkend) bis die Mama WIRKLICH nicht mehr zu sehen war. Dann stand er auf und suchte nach seinen Freunden.
Mädchen W konnte nicht loslassen, bevor die Mama nicht von außen gegen die Fensterscheibe hauchte und ein Herz auf die beschlagene Fensterscheibe malte. Als die Mama das einmal vergaß, das Mädchen in Tränen aufgelöst war, rissen wir das Fenster auf, und ein paar Kinder und ich riefen so laut, bis die Mama uns hörte, zurückkam und das Herzchen an die Scheibe malte…
Fazit
Ihr seht, es ist soooo individuell, was die Kinder brauchen. Lohnen tut es sich auf jeden Fall ein Ritual zu etablieren und das im besten Fall mit der Erzieherin zusammen! Aber es ist machbar! Lasst euch auf das Ankommen am Morgen in der Kita ein, probiert aus, bleibt im Gespräch, schafft Rituale und eine gute Vertrauensbasis zur Erzieherin. Weitere Erfahrungen und Tipps findest du hier:
Umgang mit morgendlichen Kindergarten-Krisen – so machen es die Rabeneltern
Mein Kind weint beim Abschied – was tun? sehr spannendes Interview von Jan-Uwe Rogge dabei
Fotos: pixabay.com