Ich freue mich sehr, dass ihr im heutigen Interview Svenja kennenlernen könnt! Sie bloggt selbst zum Thema hochsensible Kinder und hat mich beim Lesen ihres Antworten total mit ihrem Blick für ihre Kinder begeistert!
Liebe Svenja, stell dich und deine Kinder doch einmal kurz vor.
Ich bin Svenja, 33 Jahre alt. Ich lebe zusammen mit meinem wunderbaren Ehemann und meinen bezaubernden Söhnen Kilian, 9 Jahre und Matthis, 5 Monate im schönen Schwabenland. Ich bin gelernte Ergotherapeutin, habe viel mit Kindern und lange in der Psychiatrie gearbeitet. Dadurch habe ich gelernt, meine Hochsensibilität als Gabe wahrzunehmen, denn als Therapeutin ist Empathie und die Fähigkeit, Stimmungen und Gefühle wahrzunehmen von großem Vorteil. Mein Großer und ich sind beide hochsensibel, vor allem was die Wahrnehmung von Gefühlen und Stimmungen angeht. Auch auf Geräusche und Geschmack reagieren wir sehr. Mein Sohn noch mehr als ich. Kilian würde ích als eine Mischung aus intro- und extrovertiert beschreiben. Bei dem Kleinen ist es noch zu früh, um Genaueres sagen zu können, aber er zeigt jetzt schon einige Anzeichen, dass er auch hochsensibel sein könnte. Mein Mann ist als normalfühlender Teil der Familie unsere Erdung und unser Ausgleich.
Was ist dir an deinen Kindern schon immer besonders aufgefallen?
Kilian war schon als Baby wahnsinnig aufgeweckt, hat alles ganz genau beobachtet und hat Menschen von Anfang an direkt in die Augen geschaut. Er hat schon immer viel Nähe gebraucht, weshalb ich ihn viel getragen habe. Schlafen war immer ein schwieriges Thema. Wir mussten immer eine gute Balance zwischen genug Input und Ruhepausen finden. Genau das gleiche beobachte ich momentan bei Matthis auch. Die Hebamme war von Anfang an fasziniert von seiner Kommunikationsfähigkeit besonders mit mir, auf mich ist er auch ziemlich fixiert.
Kilian hat dann sehr früh gesprochen und konnte sich schnell mit einem großen Wortschatz ausdrücken. Er hat sich schon immer für große Zusammenhänge interessiert und stellte viele Fragen, die weit über sein Alter hinaus gingen. Naturschutz, Weltfrieden, der Sinn des Lebens waren schon sehr früh Thema für ihn.
Wenn er sich für etwas interessiert kann er sich voll und ganz darauf konzentrieren und ist mit allen Sinnen und voller Aufmerksamkeit dabei. Druck von außen mag er dabei gar nicht, am liebsten lernt er autodidaktisch.
Er nimmt Gefühle von anderen stark wahr und kann sich sehr gut in andere hineinversetzen. Ungerechtigkeiten kann er gar nicht haben und versucht oft zu schlichten. Früher hat er oft sehr lautstark reagiert, wenn er überfordert war, was in vielen Wutausbrüchen geendet hat, Inzwischen haben wir gelernt, damit umzugehen und es kann seine Emotionen gut ausdrücken und sich selbst regulieren.
In große Gruppen tut er sich schwer und zieht sich zurück weswegen er im Kindergarten und in der Schule Gruppenaktivitäten hasst. Ist er jedoch unter vertrauten Menschen kommt er aus sich raus und ist ein wahrer Entertainer. Er braucht nicht viele Freunde, er geht auch nicht gern auf andere zu, aber die Freunde, die er hat, sind ihm unglaublich wichtig. Er beobachtet viel und bekommt dabei jede Einzelheit mit.
Er ist wahnsinnig kreativ, schreibt unglaublich schöne Geschichten und baut sich ganz eigene Phantasiewelten auf.
Er reagiert sehr auf Lautstärke und Menschenmassen, was ihm schnell zu viel werden kann, dann überdreht er total, und man muss ihn wieder runter holen, am besten in der Natur, zu der er auch eine gute Verbindung hat.
Sein Anspruch an sich selbst ist enorm hoch und damit steht er sich oft selbst im Weg. Wenn etwas nicht so klappt, wie er will oder er denkt, er kann etwas nicht, blockiert er sich oft selbst.
Wie bist du auf das Thema HS gestoßen?
Mir war schon immer klar, dass ich anders bin als die meisten, dass ich die Welt anders wahrnehme. Ich hatte aber nie einen Namen dafür und hab viel versucht, um damit klar zu kommen. Nicht immer war es schön, denn ich hab auch oft darunter gelitten, weil ich nicht wusste, wie ich richtig damit umgehen kann. Irgendwann hab ich aber einen Weg für mich gefunden, es anzunehmen und achtsam damit zu leben. Ich hab diese Andersartigkeit für mich einfach angenommen.
Als mein erster Sohn auf die Welt kam, haben wir auch schnell gemerkt, dass er anders als andere Kinder ist. Aber wir sind zunächst gut damit klar gekommen, wir haben uns einfach darauf eingestellt und eine Umgebung geschaffen, in der wir alle gut zu Recht gekommen sind. Die Probleme haben dann im Kindergarten begonnen, denn er kam dort einfach nicht klar, ihm war alles zu viel und er war total überfordert. Sein Verhalten hat sich geändert, er wurde aggressiv und im Kindergarten wollten sie uns erzählen, dass er nicht normal sei und zu einem Psychologen gehöre. Das wollte ich so nicht stehen lassen. Also begab ich mich auf die Suche nach Antworten, ich hatte mich schon immer viel mit Psychologie beschäftigt aber auf HS war ich nie gestoßen. Letztendlich war es echt Zufall, dass ich irgendwann im Internet darauf gestoßen bin. Ab da hat sich so wahnsinnig viel für uns verändert.
Wie hast du dich gefühlt, als du das erste Mal darüber gelesen hast?
Für mich war das ein absolutes AHA-Erlebnis. Plötzlich hat alles irgendwie einen Sinn ergeben und ich konnte vieles anders sehen. Alles war nun in einem ganz anderen Licht, auch vieles aus meiner eigenen Vergangenheit konnte ich nun besser einordnen und ich konnte irgendwie mit einigen Dingen meinen Frieden machen. Endlich hatte ich das fehlende Puzzleteil für mein Kind gefunden. Der Beweis für etwas, was ich sowieso schon wusste, mein Kind ist ganz normal und bestimmt nicht krank. Ich konnte ihn jetzt auch noch besser verstehen und dadurch waren für mich viele Verhaltensweisen ganz logisch zu erklären und ich konnte dann auch besser darauf eingehen.
Aber dann kam auch noch das schlechte Gewissen angeschlichen. Warum hab ich das nicht schon früher gewusst? Hätte ich meinem Kind die eine oder andere unschöne Erfahrung ersparen können? Hat er schaden davon genommen, weil ich nicht von Anfang an in seinem hochsensiblen Wesen voll unterstützen konnte? Ich glaube gerade hochsensible Mütter haben das öfter mal, weil sie sich eben so gut in ihre Kinder hineinversetzen können aber auch viel auf sich selbst beziehen.
Das Wissen um die Hochsensibilität hat mich aber auch noch milder mit mir selbst werden lassen, ich gestehe mir nun beispielsweise auch mal eine Ruhepause ein. Und vor alllem kann ich nun die Bedürfnisse von mir und meinem Kind noch besser erkennen, darauf eingehen und auch nach außen verbalisieren.
Wo hast du dich informiert?
Ich wollte nun alles darüber wissen, ich hab ganz viel Bücher gelesen und im Internet nach jeder Information gesucht, die man finden kann. Ich wollte zum Experten für mein Kind und mich werden. Auch bin ich in den persönlichen Austausch gegangen bei Facebook gibt es ja einige gute Gruppen und auch in meinem privaten Umfeld ergab sich vieles, da gibt es auch einige, die selbst hochsensibel sind oder hochsensible Kinder haben. So bemerkte ich zu ersten mal, was das doch für ein großes Thema ist.
Was hat sich für dich im Umgang mit deinem Kind verändert, seitdem du über Hochsensibilität bescheid weißt?
Ich glaube, ich hatte schon immer ein recht gutes Gespür für meinen Sohn, da ich ja selbst HS bin, auch gehen wir bedürfnisorientiert miteinander um. Allerdings konnte ich davor manche Verhaltensweisen nicht ganz verstehen oder mir erklären woher sie kommen. Ich lernte, dass viel Wut bzw. Aggression aus Überreizung entstehen kann und dass ich dies nicht auf mich beziehen darf. Ich konnte ihn mit dem neuen Wissen besser begleiten und Überreizungssituationen versuchte ich nun zu verringern. Ich konnte die Anzeichen, die er mir gab, wenn es ihm zu viel war besser deuten und so besser auf ihn eingehen. Wir haben den Alltag umgestaltet also entschleunigt, um ihm und auch mir mehr Ruhepausen zu gönnen. Ich kann nun seine Bedürfnisse besser erkennen und weiß, was er braucht. Auch konnte ich verstehen, dass seine emotionalen Ausbrüche nichts mit mir zu tun hatten, dadurch wurde ich gelassener und diese Situationen wurden entspannter und heute sind sie fast vollkommen verschwunden. Ich kann mit ihm nun auch über seine Emotionen sprechen und somit zu mehr Selbstverständnis führen. Ich finde es enorm wichtig, dass die Kinder ihre eigenen Bedürfnisse selbst erkennen lernen damit sie damit umgehen können und sich so selbst besser regulieren können. Das hat nun bei uns gut geklappt, inzwischen ist er selbst sehr achtsam mit sich und ich versuch ihm da ein gutes Vorbild zu sein.
Hast du dein Umfeld an deinen neuen Sichtweisen teilhaben lassen und wie hat es reagiert?
Als aller erstes, hab ich mein neues Wissen natürlich mit meinem Mann geteilt. Der war erst skeptisch, wollte aber auch mehr dazu erfahren und inzwischen geht er ganz toll damit um. Er als einziger Normalfühler hat es ja auch nicht immer leicht mit uns. Aber er bringt echt viel Verständnis auf, erdet uns aber auch immer wieder. Das tut total gut, denn wir ergänzen uns ganz wunderbar. Meine Mama war auch recht zugänglich und sie hat sich selbst viel darüber informiert, ich denke, meine HS hab ich von ihr geerbt.
Wie schon gesagt, hab ich festgestellt, dass das Thema für einige in der Familie und im Freundeskreis sogar auch aktuell ist. Viele haben sich selbst oder ihr Kind darin wieder gefunden, es gab da einige tolle Gespräche.
Zugegeben gab es auch einige, die es belächelt haben, wenn ich das Thema angesprochen habe. Aber ich muss das auch niemandem aufs Auge drücken, wenn ich das Gefühl habe, dass jemand dafür überhaupt nicht zugänglich ist, lass ich es auch bleiben, das bringt dann sowieso nichts.
Ich hab dann später meinen Blog gegründet, um mein Wissen mit denen zu teilen, die Interesse daran haben. Ich hatte gemerkt, dass viel Unsicherheit bei vielen noch viel Unsicherheit bei dem Thema da ist und noch viel aufgeklärte werden muss.
Wie gehst du mit dem Thema in der Öffentlichkeit um z.B. in der Kita oder Schule?
Als ich auf das Thema gestoßen bin, war Kilian schon am Ende seiner Kindergartenzeit, dort stieß es auf völliges Unverständnis. Ich muss auch sagen, der Kindergarten war nicht besonders gut und im Nachhinein hätte ich da vieles anders gemacht oder sogar über eine Eigenbetreuung bzw. kindergrtenfrei nachgedacht. Aber das ist ein anderes Thema. Bei der Schule hatte ich Glück, Kilian geht auf eine Montessori-Schule und hat dort eine tolle Lehrerin. Sie ist total bemüht und hat einen sehr guten Blick für ihn. Sie sieht ihn wirklich ganz arg gut und versucht, sein Verhalten zu verstehen und ihn so gut es geht zu unterstützen und ihn so sein zu lassen, wie er ist. Jedoch versucht sie ihn auch gut zu integrieren und zu ermutigen, aus sich rauß zu kommen, zwingt ihn aber zu nichts, dass er komplett ablehnt. Wir waren von Anfang an in gutem Kontakt mit ihr und haben auch über HS mit ihr gesprochen. Für sie war das wohl sehr wertvoll, da sie sich so einige Verhaltensweisen von ihm erklären konnte um dann besser auf ihn einzugehen. Sie fragt uns auch immer wieder, was sie tun kann, um ihn noch besser unterstützen zu können. Das ist für uns ein großes Glück, denn vor allem Schule steht und fällt mit dem Lehrer.
Denkst du, es ist wichtig, dass man als Mama weiß, dass das eigene Kind HS ist?
Ja unbedingt. Denn ich finde, es ist unglaublich wichtig dass man sein Kind versteht, dass man weiß, wie das Kind die Welt wahrnimmt. Das macht es so viel leichter, das Verhalten zu verstehen und zu akzeptieren. Wenn man das verinnerlicht hat, kann man auch einiges verändern, um dem Kind ein Umfeld zu schaffen, in dem es sich wohl und angenommen fühlt. Nur wenn man von der HS weiß, kann man sein Kind auch unterstützen, diesen Wesenszug anzunehmen und sich nicht verbiegen zu müssen, nur um irgendeiner Norm zu entsprechen. Sehr viele hochsensiblen Erwachsenen haben erst spät davon erfahren und oft haben sie einen langen Leidensweg hinter sich. Sie haben sich oft nicht richtig angenommen gefühlt, haben sich angepasst, nie gelernt eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und gut für sich zu sorgen. Sie haben sich immer falsch gefühlt oder sind über eigene Grenzen gegangen, nur um so zu sein, wie die anderen. Oft mit fatalen Auswirkungen. Deswegen find ich es so unglaublich wichtig, dass schon die Kinder lernen, mit der HS umzugehen, aber dafür brauchen sie die Unterstützung ihrer Eltern, Erzieher und Lehrer.
Für Mütter find ich auch besonders wichtig, dass sie verstehen, dass das etwas andere Verhalten der Kinder weder ein “Sichanstellen ist” noch hat es was mit den Eltern zu tun. Die Kinder nehmen die Welt einfach anders wahr und reagieren dann eben dementsprechend darauf. Mir persönlich hat dieses Wissen vieles leichter gemacht.
Welche Herausforderungen empfindest du als Mama mit einem hochsensiblen Kind als besonders?
Ich glaube die Konstellation HS Mama und HS Kind kann manchmal anstrengend sein. Wobei ich es meistens als Geschenk sehe, denn ich kann mich sehr gut in mein Kind hineinversetzen und erspüre schon vieles, ohne dass es gesprochen werden muss. Ich bin ihm da ein ganz guter Begleiter, denke ich. Jedoch ist es auch oft eine Herausforderung, da ich sehr harmoniebedürftig bin und Streit oder schlechte Stimmung kaum aushalten kann und ab und an doch noch etwas fälschlicherweise auf mich beziehe.
Manchmal ist es auch schwierig zu sehen, wie er sich selbst im Weg steht, wenn er wieder einen zu hohen Anspruch an sich hat oder er sich selbst klein macht, weil er denkt, er könne etwas nicht. Da will er manchmal einfach nichts von mir annehmen. Früher waren seine Wutausbrüche schwer zu ertragen. Als ich für mich annehmen könnte, dass es nichts mit mir zu tun hat, wurde das aber leichter.
Bei meinem Kleinen ist es manchmal schon sehr anstrengend dass er so sehr auf mich fixiert ist und ich eigentlich nur am Tragen bin und momentan kaum Freiraum für mich habe. Aber ich genieße die Nähe auch, denn ich weiß, dass es nicht immer so sein wird.
Bei beiden ist es immer wieder eine Herausforderung, den Alltag so zu gestalten, dass sie genug Input bekommen (Kilian ist extrem wissbegierig und Matthis will viel sehen) aber sie auch nicht über ihre Grenzen gehen und genug Ausgleich bekommen. Das ist oft eine Gratwanderung.
Manchmal hab ich auch das Gefühl, ich muss sie vor der Außenwelt schützen, denn die ist oft nicht ganz so verständnisvoll. Aber in Watte packen will ich sie auch nicht.
Im Prinzip geht es immer wieder darum, die richtige Balance zu finden, auch was meine eigenen Bedürfnisse angeht, denn die gibt es ja auch noch.
Wie war der Übergang in die Schule für deinen Sohn? Welche Herausforderungen haben sich gezeigt und wie seit ihr damit umgegangen?
Kilian war seinem Alter schon immer weit voraus, da er sich für viele Dinge interessiert und sich dann auch vieles selbst beibringt oder gezielt nach Unterstützung sucht. Vor allem in Mathe war er schon im Kindergarten extrem weit. Wir machten uns dann sorgen, dass er auf einer Regelschule unterfordert sei, sich dann vielleicht langweilen und auch im Klassenverband untergehen würde. Außerdem erschienen uns die großen Gruppen dort als absolut unpassend für ihn. Also machten wir uns auf die Suche nach alternativen Möglichkeiten. Da ich schon immer ein großer Montessori-Fan war, erschien mir diese Schulform als die geeignetste. Hier haben die Kinder viel mehr Zeit für eigene Projekte während der Freiarbeit, die einen großen Teil der Zeit ausfüllt und können so viel individueller gefördert werden. Auch sind die Klassen kleiner und die Lehrer sind eher Beobachter und Unterstützer. Frontalunterricht gibt es dort so gut wie keinen, die Klassen sind jahrgangsgemischt und das Lernmaterial ist zum Lernen mit allen Sinnen entwickelt worden. Dies alles erschien mir viel passender. Wir hatten Glück, dass wir hier bei uns eine staatliche Schule haben, die dieses Konzept als Pilotprojekt umsetzt. Also wurde Kilian dort eingeschult und wir hatten das Glück, dass er dort eine wunderbare Lehrerin bekommen hat, die auch die vollen 4 Jahre für in zuständig ist. Sie ist wahnsinnig bemüht und hat schnell sein Potential erkannt und ihn in allen Bereichen gefördert, so hat er in der 1. Klasse schon Matheaufgaben der 3. Klasse gerechnet. Beim Schreiben ließ sie ihm die Zeit, die er brauchte. So hat er inzwischen seine Liebe zum Geschichtenschreiben allein und ohne Druck entdeckt. Hier wird die Überzeugung gelebt, dass jedes Kind lernen möchte, nur eben alles zu seiner Zeit. Für Kilian war dies die ideale Entscheidung, ich glaube auf einer Regelschule wäre er untergegangen.
Im sozialen Bereich hatte er zunächst Schwierigkeiten, da er sich in großen Gruppen unwohl fühlt und schlechte Stimmungen, Lärm, Streit und Ungerechtigkeiten nur schwer ertragen kann. Seine Lehrerin hat ihn auch hier liebevoll begleitet und hat ihm viel Freiraum und Rückzugsmöglichkeiten gegeben. Hier wird er auch nicht zu Gruppenarbeit gezwungen und er kann sich zurück nehmen, wenn es ihm danach ist. Das hat ihm wirklich sehr gut getan und wir sind sehr dankbar, dass wir ihm diese Möglichkeit bieten können.
Was hast du von deinem Kindern gelernt?
Es klingt komisch, aber ich habe durch sie gelernt, achtsam mit mir selbst zu sein. Denn ich habe gemerkt, dass ich nur dann voll für sie da sein kann, wenn es mir selbst gut geht. Nicht umsonst heißt es in Flugzeugen, man muss zuerst sich selbst die Sauerstoffmaske aufziehen, bevor man anderen hilft. So sehe ich das inzwischen auch. Ich kann nur dann eine gute Mutter sein, wenn es mir selbst gut geht und ich auch Rücksicht auf meine Bedürfnisse nehme.
Ich weiß auch nicht, ob ich ohne Kilian auf das Thema Hochsensibilität gestoßen wäre. Von daher bin ich sehr dankbar, dass ich aus seinen Problemen auch für mich lernen kann.
Ganz klar ist auch, dass Kinder unsere Spiegel sind, sie machen uns durch ihr Verhalten auf Dinge in uns selbst aufmerksam. So hab ich gelernt, mich immer und immer wieder zu reflektieren um Dinge auch verändern zu können. Vor allem HS Kinder sind Seismographen und nehmen so unglaublich viel wahr, was man sonst selbst vielleicht gar nicht registrieren würde.
Auch habe ich ein tiefes Vertrauen gewonnen. Ein Vertrauen in meine Kinder und dass alles zur rechten Zeit kommen wird. Sie machen das schon alles richtig, in ihrem Tempo, sie brauchen keinen Druck von außen, sie werden ihre Weg ganz von alleine gehen.
Außerdem bin ich inzwischen etwas milder mit mir und meinem Perfektionismus. Früher musste ich immer alles sofort und zu 150% machen. Jetzt kann ich auch mal was liegen lassen, wie z.B. den Haushalt, und es ist okay, weil ich weiß, dass es Wichtigeres gibt, denn meine Kinder haben mir gezeigt, was wirklich wichtig ist im Leben. Liebe, Familie und Zeit! Zeit, die ich mit ihnen verbringen darf. Ich will nichts verpassen, denn das könnte ich nie wieder nachholen. Also versuche ich jeden Moment mit ihnen zu genießen.
Ich kann aus voller Überzeugung sagen, ich wäre heute nicht die, die ich bin, wenn ich meine Kinder nicht hätte.
Was verzaubert dich an deinen Kindern?
Ui da könnte ich jetzt aber wirklich viel schreiben. Also ich versuch, mich kurz zu fassen. Bei meinem Kleinen ist es die Art, mich anzuschauen, wenn es mir nicht gut geht, als ob er es spüren würde und mir sagen will: alles wird gut Mama! Auch zeigt sich jetzt schon eine starke Persönlichkeit, mit viel eigenem Willen. Ich liebe seine Art uns anzulachen und uns auch immer wieder zur Ruhe kommen lässt. Ich liebe sein tiefes Vertrauen, das er in uns und die Welt hat und uns jeden Tag aufs neue zeigt.
Er hat noch mal ganz viel Veränderung in unser Leben gebracht. Ich bin unendlich dankbar, dass er bei uns ist.
Beim Großen ist es seine Art, die Welt zu sehen. Er ist so umsichtig und von Grund auf einfach nur gut. Die Welt und das Wohlergehen anderer sind ihm unendlich wichtig, dafür steckt er oft selbst zurück. Wären mehr Menschen auf der Welt so wie er, wäre sie ein so viel besserer Ort. Er setzt sich viel für andere ein, ist gegenüber seiner Familie und seinen Freunden zu 100% loyal und ist ein treuer Begleiter. Seine Wissbegierde fasziniert mich immer wieder aufs Neue und seine Art Geschichten zu erzählen ist wunderschön.
Ich liebe seine starke Persönlichkeit, und dass er sich von nichts und niemanden verbiegen lässt, auch wenn das manchmal schwierige Folgen für ihn hat, so bleibt er sich doch immer treu. Er bildet sich seine eigene Meinung, hinterfragt Dinge, um auch große Zusammenhänge zu verstehen und glaubt nicht alles, was ihm vorgesetzt wird. Ich liebe seine Aufmerksamkeit seiner Familie gegenüber. Er hat auch ein gutes Gespür für unsere Bedürfnisse und schaut auch immer wieder, was er uns gutes Tun kann. Gerade sein kleiner Bruder ist ihm unheimlich wichtig und er schaut viel nach ihm, er ist ein ganz wunderbarer großer Bruder.
Ich liebe seine Art, zu lachen, seinen Humor…..
Ich könnt noch ewig weiter machen, aber ich wollte mich ja kurz fassen.
Hast du Literaturtipps/Blogtipps für andere Mütter?
Es gibt einige gute Bücher über das Thema. Die Bücher von Elaine Aron sind auf jeden Fall sehr lesenswert, sie ist ja quasi die Begründerin bzw die erste, die sich dem Thema wissenschaftlich gewidmet hat.
Auch das Buch: “Hochsensitiv, einfach anders und doch ganz normal” von von Birgit Trappmann-Korr ist sehr einfühlsam und beinhaltet Themen sowohl für hochsensitive Erwachsene als auch für feinfühlende Kinder. Sie beschreibt auch den Unterschied zwischen Hochsensibilität und ADHS sehr genau.
“Mit feinen Sensoren” von Dirk und Christa Lüling befasst sich mit den Bedürfnissen von hochsensiblen Kindern auch in unterschiedlichen Altersstufen. Außerdem geben sie gute Tipps für den Alltag. Dieses Buch richtet sich auch an Personen, die außerhalb des Elternhauses mit hochsensiblen Kinder zu tun haben, wie Erzieherinnen, Lehrer und Therapeuten.
In “empfindsam erziehen” gibt Julie Leuze sehr gute Tipps für die Erziehung von hochsensiblen Kindern in den ersten 10 Lebensjahren.
Im Internet gibt es natürlich ganz viele Angebote, da muss wahrscheinlich aber jeder das passende für sich herausfinden.
Die Seite von Anne Heintze finde ich persönlich sehr umfangreich.
https://open-mind-akademie.de/
Ich finde auch den Austausch in den passenden Gruppen bei Facebook beispielsweise sehr wertvoll.
Auch den Online-Kongress von Lena und Camillo finde ich extrem gut, denn da sind viele Experten vereint. Sie haben das nun zwei mal gemacht und ich gehe davon aus, dass dieses Jahr wieder einer kommen wird.
https://hochsensibilitaetskongress.com/
Du hast einen eigenen Blog! Möchtest du den hier kurz vorstellen
Ja sehr gerne. Ich habe letztes Jahr begonnen, diesen Blog zu schreiben, da ich immer mehr gemerkt habe, was Hochsensibilität doch für ein großes Thema ist und gleichzeitig mit so viel Unsicherheit verbunden ist. Ich wollte meine eigenen Erfahrung und mein Wissen unbedingt teilen, denn wir haben es mit der Zeit ja wirklich geschafft, die Hochsensibilität für uns zu nutzen und ein Leben in Harmonie damit zu führen. Das wollte ich nicht für mich behalten und habe begonnen zu schreiben, Damit möchte ich anderen Familien auf ihrem Weg begleiten, wertvolle Tipps geben und Mut machen, damit sie auch die wundervollen Seiten kennen lernen können. Außerdem liegt es mir sehr am Herzen, über dieses Thema aufzuklären, denn immer noch wissen zu wenige Menschen davon. Gerade im Kindergarten und in der Schule stellt dies HS Kinder immer wieder vor große Probleme, denn oft werden diese Kinder als krank oder unnormal angesehen. Würden mehr Menschen davon wissen, hätten es diese Kinder sicher leichter, denn oft sind es ja Verständnis und kleine Veränderungen, die es ihnen viel leichter machen könnten.
Auch wird der Familienalltag harmonischer, wenn man von der HS weiß und sich darauf einstellen kann.
Und vor allem ist es für jedes HS Kind wichtig, so früh wie möglich, zu lernen mit dieser Eigenschaft umzugehen, denn so können sie es als etwas Positives annehmen und zu selbsbewussten Mensche heranwachsen und ihr volles Potential entfalten.
https://www.facebook.com/DieLoewenfamilie/
In meiner neuen Facebook-Gruppe können sich Familien auch austauschen und bekommen regelmäßig neue Anregungen und Input von mir. Außerdem stehe ich mit Rat und Tat zur Seite.
Vielen Dank liebe Verena für diese tollen Fragen! Es gibt doch immer wieder viel Klarheit, wenn man sich noch mal damit beschäftigt