Heute möchte ich ein Thema beschreiben, was häufig vergessen wird. Wir wundern uns, warum die Kinder in der Eingewöhnungszeit Schwierigkeiten haben und vergessen doch oft, wie sehr hochsensible Kinder auf neue Ereignisse vorbereitet werden müssen. Es ist ein Merkmal für hochsensible Menschen, dass Veränderungen sie besonders herausfordern und sie intensiver auf Stresssituationen reagieren. Wenn wir uns das bewusst machen, kann das schon ein erster Schritt sein, um eine gelungene Eingewöhnung zu erreichen.

 

  • Ein hochsensibler Mensch möchte auf Veränderungen vorbereitet werden
  • Ein hochsensibler Mensch möchte neue Situationen einschätzen können
  • Ein hochsensibler Mensch wird meistens etwas länger brauchen, um sich auf etwas Neues einzulassen und sich damit wohlzufühlen
  • Ein hochsensibler Mensch gewinnt Sicherheit zurück, wenn er sich an der Veränderung beteiligen kann
  • Ein hochsensibler Mensch möchte in seinen Emotionen ernst genommen werden
  • Ein hochsensibler Mensch profitiert enorm davon, wenn er lernt mit seiner Angst umzugehen und aus seiner Komfortzone herauszukommen

 

 

Es geht meiner Meinung nicht darum Kinder vor allem, was ihnen unangenehm ist, oder ihnen Angst macht zu schützen, z.B. der Übergang in den Kindergarten. Ganz im Gegenteil unterstützen wir die Kinder enorm, wenn wir ihnen schon früh vertrauensvolle Bezugspersonen sind, mit denen gemeinsam das Kind auch neue Situationen bewältigen kann. Ermutigung und ein Zutrauen in die Kompetenzen des Kindes sind eine wichtige Basis für ein gutes Selbstbewusstsein. Wir stärken unsere Kinder, wenn wir die Herausforderungen annehmen und sie die Erfahrung machen, dass neue Situationen zwar manchmal unangenehm sein können, aber nicht lebensbedrohlich. Dabei müssen wir das Kind sehr gut kennen, um zu spüren, wann wir etwas fordern können und wann das Kind ein sicheres Nest braucht.

 

Ich habe in einem vorigen Blogartikel bereits über die Eingewöhnungszeit im Kindergarten geschrieben, jetzt schauen wir uns konkret an, welche Möglichkeiten du als Elternteil hast, dein Kind vorzubereiten und bei der kommenden Lebensphase aktiv zu beteiligen.

 

http://bunte-kinder.de/was-braucht-es-fuer-eine-gute-eingewoehnung-im-kindergarten-fuer-dein-hochsensibles-kind/

 

Wenn du bereits andere Artikel von mir gelesen hast, wirst du wissen, dass ich gerne davon spreche Kinder zu beteiligen und mit einzubeziehen. Ich beobachte das sowohl bei den besonders feinfühligen Kindern bei mir in der Kita, als auch bei mir selbst, dass es mir leichter fällt mit neuen Situationen umzugehen, wenn ich das Gefühl habe, daran beteiligt zu sein. Es gibt deinem Kind etwas von dem Gefühl zurück, selbstbestimmt entscheiden zu können oder ernst genommen zu werden, wenn du es aktiv beteiligst. 

 

Partizipation – die Beteiligung von Kindern – ist für mich ein Schlüssel in meiner pädagogischen Arbeit gewesen. Wenn wir Kinder ernst nehmen, mit ihnen GEMEINSAM nach Lösungen suchen und sie aktiv miteinbeziehen, dann entsteht eine ganz neue Dynamik. Nur weil wir Erwachsene sind, wisssen wir nicht zwingend alles besser, oder machen alles richtig. Kinder zu beteiligen bedeutet auch ein Stück der “Macht”, die Erwachsene haben abzugeben. Die Kinder gewinnen dadurch mehr Selbstbestimmtheit und Handlungskompetenzen. Hochsensiblen Kindern können wir damit wirklich ein Geschenk machen! Für mich schließt diese Haltung übrigens nicht aus, dass ich als erwachsener Mensch die “führende” Rolle in der Beziehung zu dem Kind einnehme. Das Kind kann manche Dinge noch nicht einschätzen und muss und kann noch keine völlige Verantwortung für seine Entscheidungen etc. übernehmen. Aber ich kann versuchen, es selbstverständlich miteinzubeziehen und ihm dennoch Sicherheit und Orientierung zu geben.

 

Jetzt aber zurück zu unserem Thema. Wenn du dich mit deinem Partner entschieden hast, dass dein hochsensibles Kind in den Kindergarten gehen soll, ist das eine Entscheidung. Vielleicht eine, die eurem Kind nicht wirklich gut gefällt. Trennungsängste, Ängste vor der neuen Umgebung, oder neuen Menschen kommen auf das Kind zu. Aus unserer Komfortzone heraus zu müssen ist für die meisten Menschen nicht leicht. Für hochsensible Kinder ist es eine besondere Herausforderung.

 

Input zu Trennungsängsten findest hier

Trennungsangst 1

Trennungsangst 2

 

 

Aber keine Panik:) Was nicht heißt, dass es nicht dramatisch werden kann. Zum Thema Probleme in der Eingewöhnungszeit habe ich diesen Artikel geschrieben.

 

http://bunte-kinder.de/probleme-bei-der-eingewoehnung-wie-du-und-dein-hochsensibles-kind-schritt-fuer-schritt-zu-einer-entspannten-anfangszeit-im-kindergarten-finden-koennt/

 

Ich möchte dich einladen diese Übergangszeit mit deinem Kind aktiv zu gestalten und die Herausforderung anzunehmen! Und zwar positiv! Wenn du selbst Zuversicht ausstrahlst und klar bei deiner Entscheidung bist, kann sich dein Kind positiv an dir orientieren. Du gibst ihm den nötigen Halt, die Sicherheit und Stabilität für die Veränderung.

 

 

Was kannst du also tun, um dein Kind, aber auch dich auf die neue Kita vorzubereiten?

 

 

1. DEINE eigene Haltung

 

Du solltest dich klar entschieden haben, ob du dein Kind fremdbetreuen lassen möchtest, oder nicht. Wenn du dich dafür entschieden hast, kannst du aktiv nach passenden Kitas suchen. Um deinem Kind Selbstbestimmtheit zurück zugegeben, kannst du es an der Auswahl der Kita beteiligen bzw. es in die Entscheidung miteinbeziehen.

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass es für manche Kinder auch wirklich völlig in Ordnung ist, in die Kita zu gehen und sie sich auf die neue Zeit freuen! Andere Kinder haben vielleicht gar kein Interesse, sich an diesem Prozess zu beteiligen. Erfahrungsgemäß hilft es hochsensiblen Menschen, wenn man sie in Entscheidungen miteinbezieht, die ihr Leben verändern werden. Aber wie immer gilt: Dein Kind ist einzigartig! Und die große Aufgabe von uns Erwachsenen ist herauszufinden, wie wir es am Besten begleiten können.

 

Bist du dir unsicher und unklar und hast große Zweifel an deiner Entscheidung, wird dein Kind das garantiert spüren. Und deine Haltung beeinflusst dein Kind. Ich weiß, dass das eine unglaublich schwere Situation ist. Denn natürlich gehören elterliche Ängste zu so einer Veränderung ebenso dazu, wie die von dem eigenen Kind. Wenn deine Ängste wirklich sehr stark sind, schau sie dir einmal genauer an. Wovor hast du ganz konkret Angst? Ist es eine realistische Angst? Was könnte dir helfen? Wer könnte dich unterstützen? Kinder sind auch eine Einladung an uns, in die Wunden unserer eigenen Vergangenheit abzutauchen und sie endlich zu heilen.

Deine Haltung ist deshalb so wichtig, weil sie eben auf dein Kind wirkt. Und ein Kind braucht selbstverständlich liebevolle Bezugspersonen, an denen es sich orientieren kann. Dein Kind profitiert davon, wenn es du beteiligst, dein Kind braucht aber auch deine Führung. Sei dir bewusst, dass du als Elternteil die führende Rolle hast und dass dein Kind diese Rolle nicht übernehmen kann und soll.

 

Warum brauchen Kinder Führung? Sie brauchen Führung, weil sie zwar kompetent sind, aber keine Erfahrung haben. Also brauchen sie die Erfahrung von Erwachsenen. Jesper Juul

 

Nimm dein Kind an die Hand und zeige ihm, dass die Welt da draußen doch gar nicht so schlimm ist, wie befürchtet

 

 

2. Zusammen anschauen

 

Wenn du noch in der Findungsphase für die neue Kita bist, dann wirst du sicherlich einige Kitas anschauen wollen. Wie sind die Räumlichkeiten, wie sind die Fachkräfte, passt das Konzept und ähnliche Fragen wirst du dir stellen müssen.

Spannend wäre doch aber auch: Wie findet dein Kind die Kita? Wie verhält es sich? Ist es neugierig, gefallen ihm besondere Räume, kennt es vielleicht schon ein anderes Kind und vieles mehr.

Deswegen würde ich dir immer empfehlen, dein Kind zu einem Besichtigungstermin mitzunehmen. So bekommst nicht nur du einen Eindruck von der Einrichtung, sondern auch dein Kind, was dort möglicherweise viel Zeit verbringen wird.

Du gibst deinem Kind damit das Gefühl es ernst zu nehmen und seine Meinung hören zu wollen. Ihr geht diesen Weg gemeinsam und das fühlt sich gleich viel besser an, als wenn ein Erwachsener komplett über das Kind hinweg entscheidet.

Es spricht übrigens nichts dagegen, sich mehrere Kitas anzusehen. Vielleicht auch mit unterschiedlichen Konzepten, oder Schwerpunkten.

 

 

3. Zusammen darüber sprechen

 

Mit Kindern, die schon drei Jahre alt sind, kann man sich schon gut austauschen. Nach einem Besichtigungstermin könnt ihr euch z.B. beim Abendessen besprechen. Was hat dir gut in der Kita gefallen? Was hat deinem Kind gut gefallen? Was fandet ihr vielleicht doof? Was würde sich dein Kind wünschen?

Schenke deinem Kind Zeit! Höre ihm zu, frage nach, interessiere dich!

 

 

4. Hospitieren

 

Das würde ich wirklich immer empfehlen, wenn die Möglichkeit besteht! Ein, zwei, oder drei Stunden einfach in der Kita dabei sein zu dürfen (ohne Kind) kann dir einen authentischen Einblick in die Arbeit und den Alltag dort geben. Außerdem hast du die Möglichkeit viele Frage zu stellen!

 

 

5. Das Erstgespräch

 

Wenn du dich entschieden hast und einen Platz in deiner Wunschkita bekommen hast, steht vor der Eingewöhnungszeit das Erstgespräch an. Beim Erstgespräch lernst du die neue Bezugserzieherin deines Kindes kennen, wirst über wichtige Dinge informiert, ihr besprecht den Verlauf der Eingewöhnung und du kannst Fragen stellen und natürlich dein Kind beschreiben. Hier hast du die erste Möglichkeit zum Beziehungsaufbau mit der neuen Erzieherin deines Kindes. Und im besten Falle seid ihr euch sympathisch.

Da dein Kind hochsensibel ist, kannst du hier schon nachfragen, wie mit sensiblen Kindern umgegangen wird, die eventuell eine sensiblere Eingewöhnunsgzeit brauchen. Vertraue dich an. Das schafft Bindung! Und natürlich darfst du als Mama Unsicherheiten spüren und Ängste haben! Vielleicht kannst du hier schon mit der Erzieherin überlegen, was dich selbst bei der Eingewöhnung unterstützen würde und was deine Wünsche an die pädagogische Fachkraft sind.

Mehr zum Thema, ob du die Hochsensibilität deines Kindes ansprechen solltest, kannst du hier nachlesen.

 

http://bunte-kinder.de/warum-ich-die-hochsensibilitaet-deines-kindes-im-kindergarten-ansprechen-wuerde/

 

 

6. Berührungspunkte vor der Eingewöhnungszeit

 

Das erlebe ich oft, als eine wunderbare Möglichkeit für Kinder sich ganz sanft mit dem Neuen vertraut zu machen.

In meiner alten Kita gab es einmal in der Woche einen Ausflugstag. Oft sind wir auf umliegende Spielplätze, oder in den Wald gegangen. Manche Mütter haben die Chance genutzt uns an diesen Tagen auf dem entsprechenden Spielplatz mit ihrem zukünftigen Kindergartenkind zu besuchen. Nicht im Sinne einer Eingewöhnung, aber als einen entspannten Erstkontakt. Die neue Bezugserzieherin kann dem Kind schon mal Hallo sagen. Das Kind kann den anderen Kindern zuschauen, beobachten, wie die Erzieherinnen mit den Kindern umgehen und daraus seine Schlüsse ziehen. Wenn es mutig ist, beginnt es sogar schon mitzuspielen.

Das ist tatsächlich manchmal schon der erste „Türöffner“ für mich gewesen. Gerade hochsensible Kinder beobachten gerne und verschaffen sich zunächst einen Überblick über die Situation. Wenn sie dann sehen, dass die Erzieherinnen mit den Kindern Spaß haben, es lustig und entspannt ist, gibt es ihnen ein erstes Gefühl von Sicherheit.

Falls bei dir so eine Möglichkeit besteht, würde ich sie nutzen. Frag einfach in deiner Kita nach!

 

 

7. Übergangsritual

 

 

Wir feiern den Eintritt in die Grundschule, den Abschluss unserer Schulkarriere, oder einen neuen Job. Wieso feiern wir eigentlich nicht den Eintritt in den Kindergarten?

In alten Kulturen sind Übergangsrituale ein selbstverständlicher Bestandteil des Lebens! Sie markieren, dass etwas Altes vorbei ist und etwas Neues beginnt. Mit Veränderungen wurde ganz anders, viel bewusster umgegangen. Die Schwelle in einen neuen Lebensabschnitt wird überschritten und die Gemeinschaft nimmt Anteil, stützt, stärkt und begleitet.

Vielleicht ist das eine Methode, um gerade hochsensiblen Kindern diesen Übergang bewusst zu ermöglichen. Klar ist, dass nicht jedes Kind eine große Party feiern will, weil es in den Kindergarten kommt, oder alleine im Mittelpunkt stehen möchte. Sowas ist für mich heute noch ein Graus.

Die Frage mit der du dich beschäftigen kannst, ist, wie kannst du einen bewussten Übergang für und wenn dein Kind Lust hat, mit deinem Kind gestalten? Gibt es am Abend vor der Eingewöhnung für alle Pizza und den Lieblingsfilm? Kommen Oma und Opa zu Besuch und nach dem ersten Eingewöhngstag holen sie dein Kind mit ab und unternehmen noch etwas Schönes? Backt ihr einen Kuchen zur Feier des Tages? Bringt ihr der Erzieherin ein kleines Geschenk mit? Soll es vielleicht wirklich eine Party geben?

Es gibt ganz viele Möglichkeiten! Wichtig ist, deinem Kind zu kommunizieren, was der Anlass ist! Dass es jetzt ein Kindergartenkind werden wird! Wie toll das ist, dass es schon so groß ist und dass ihr euch zusammen (falls möglich) etwas ganz besonderes überlegen werdet, um das zu feiern!

Wenn dein Kind keine Idee hat (und mit drei Jahren ist das auch völlig in Ordnung;) ) könntest du es fragen, ob du dir eine Überraschung überlegen darfst. Oder wer sich eine Überraschung überlegen soll. Vielleicht ist es der Papa,oder die Tante, oder jemand ganz anderes. Sollte dein Kind keine Feier haben wollen, ist das natürlich zu respektieren!

Eine kleine „Schwellenfeier“ kann das Thema Kindergarten positiv unterstützen und deinem Kind den Übergang bewusster machen. Es wird nicht von jetzt auf gleich Kindergartenkind. Es darf hinein wachsen.

 

 

8. Zeit

 

Passend zum Thema Übergang. Hochsensible Menschen brauchen in der Regel mehr Zeit, um mit Veränderungen zurechtzukommen. Wenn du dein Kind mit zu den Besuchsterminen nimmst, es fragst, was es sich in einer Kita wünscht, ihr vielleicht die neue Gruppe auf Spielplätzen besuchen könnt und ihr zusammen eine Schwellenfeier organisiert, hat dein Kind Zeit sich auf die neue Lebenssituation einzustellen.

Ich muss heute noch lernen, dass Veränderungen nicht schlimm sind. Und ich würde mir Erwachsene wünschen, die ihre Kinder darin unterstützen mit Veränderungen gut umgehen zu können. Erwachsene, die die Kinder ernst nehmen, ihnen Sicherheit vermitteln, aber auch Zuversicht und gute Laune!

So eine Kindergartenzeit ist nämlich ziemlich toll!

 

 

 

 

 

Ich danke dir von Herzen, dass du meinen Artikel gelesen hast!

 

Kinder sind so bunt wie die Welt. Lassen wir uns von ihnen verzaubern

 

Deine Verena