In den letzten Wochen bin ich zum Profi in Vorstellungsgesprächen geworden. Ich hab ziemlich viele geführt, ich habe aufgehört mich beeindrucken zu lassen und gelernt mich radikal so zu zeigen, wie ich bin. Ehrlich und authentisch. Das kam meistens überraschend gut an und doch habe ich mich für keinen der Jobs entscheiden können.

 

 

Was war mein Problem bei den meisten Gesprächen?

 

Ich hatte nicht das Gefühl, dass sich die zukünftigen Arbeitgeber für mich interessierten. Vielleicht mag das in den Augen vieler anmaßend klingen. Aber hey, ich arbeite im sozialen Bereich, ich arbeite mit kleinen Kindern… wenn ich jemanden für meine Einrichtung einstellen würde, ich würde wissen wollen, wie dieser Mensch ist. Und folglich ob er mit seiner Haltung und seinem Bild vom Kind auch zum Konzept der Einrichtung passt.

 

Wirklich sprachlos machte mich ein Vorstellungstermin in einem Team, bei dem mir weder etwas zu trinken angeboten wurde, noch eine richtige Sitzgelegenheit. Mir wurde im Schnellverfahren meine zukünftigen Aufgaben erklärt und als ich fragte, ob sie noch etwas über mich wissen wollten, sah ich in ausdruckslose Gesichter. Holla die Waldfee dachte ich nur und machte mich vom Acker.

 

Offenbar zählte für die Meisten nur mein Lebenslauf, meine Berufserfahrung und der Zeitpunkt meiner Arbeitsfähigkeit. Was meine pädagogischen Ziele oder Visionen waren, war nicht von Interesse. Genauso so wenig warum ich mich für meine Weiterbildung zur Facherzieherin für Kinder mit besonderem Förderbedarf entschieden, oder warum ich als Erzieherin zu bloggen angefangen hatte.

 

Ich bin, was das angeht wirklich frustriert. Einrichtungen zu finden, in denen es um Herzenswärme, Interesse, oder Beziehung geht (auch im Bezug auf die Mitarbeiter), scheinen nicht leicht zu finden zu sein.

 

 

DAS Vorstellungsgespräch

 

Aufmerksame Leser und Leserinnen wissen, dass ich mich bereits im Dezember bei einem Träger vorgestellt hatte, der eine neue Waldgruppe in Freiburg gründen möchte. Leider ist für mich daraus nichts geworden, aber ich bin total dankbar für die Erfahrung, die ich an diesem besonderen Tag machen durfte.

 

Ich wurde in einem bereits beheiztem Bauwagen von zwei Frauen begrüßt. Herzlich mit Händedruck und ein bisschen Schalk im Blick. Es gab Tee und Wasser und dann natürlich ein typisches Vorstellungsgespräch. Oder eben doch nicht so typisch. Denn das Interesse, dass mir entgegengebracht wurde, war ebenso groß, wie die Herzlichkeit, die im ganzen Raum herrschte. Aber nicht nur das Interesse an mir, sondern auch die Leidenschaft und die Begeisterung mit der die Leitung der jetzigen Gruppe über ihre Arbeit, ihre Haltung und die Kinder sprach, war beeindruckend. Und genau aus diesen Gründen hätte ich dort liebend gern gearbeitet. Weil Menschen die anderen und ihrer Arbeit mit so viel Neugier und Hingabe begegnen Menschen sind, von denen wir alle etwas lernen können und mit denen wir gerne in Beziehung treten möchten.

 

 

Was hat das jetzt mit Hochsensibilität zu tun?

 

Nun, wir hochsensible Menschen nehmen das Interesse oder Desinteresse von anderen besonders intensiv wahr. Gleichzeitig haben wir die Begabung uns sehr tief für das Wesen anderer zu interessieren.

Das bedeutet, dass wir manchmal andere Menschen ganz schön herausfordern und ihnen sogar etwas Angst einjagen. Denn wir wollen immer weiter verstehen, fragen immer weiter nach und können Feuer und Flamme dafür sein uns in Probleme hineinzudenken. Es bedeutet aber auch, dass wir sehr deutlich spüren, wenn Menschen uns kein echtes Interesse schenken, wenn sie nur so tun, oder es einen Zweck verfolgt. Und das zu spüren kann verletzend sein. Berührt es doch eine Wunde, die viele hochsensible Menschen im Laufe ihres Lebens aushalten müssen… sich nicht gesehen zu fühlen.

 

 

Und das führt uns zum hochsensiblen Kind

 

 

 

Ich habe schon oft davon geschrieben, wie wichtig es ist, dass sich Kinder gesehen fühlen!

 

Und besonders HSK erleben sich selbst ja oft als anders und bekommen das durch die Reaktion ihrer Umwelt auch gespiegelt. Anders zu sein muss nicht schlecht, oder negativ bewertet werden. Aber es kann einem zu schaffen machen!

 

Ich habe lange gebraucht, um mich aus der Spirale der Anpassung und Unsichtbarkeit zu befreien. Denn durch dieses Verhalten fiel nicht so stark auf, wie sehr ich doch von der Norm abweiche. Aber sich anzupassen bedeutet immer, etwas von sich selbst zurückzuhalten und das geht auf Dauer nicht gut. Jeder von uns hat auf dieser Erde eine Aufgabe und jeder sollte alles dafür tun können, sein eigenes Potential zu erkennen und auszuschöpfen! Das fällt nicht leicht, wenn anders sein, als ein Manko angesehen und vor allem durch das Feedback Erwachsener eingetrichtert wird.

 

Wenn wir anfangen, uns wahrhaftig für ein Kind zu interessieren, lernen wir es zu sehen!

 

 

Mach die Augen auf!

 

Wir stecken so oft in unseren Annahmen über das Verhalten eines Kindes fest, wir stecken in unserem eigenen Tagesablauf fest und in den Schubladen, die uns beigebracht wurden. Wir stecken fest in der Meinung anderer und in der Meinung von Büchern, Blogs und Fernsehen. Und natürlich können wir uns nicht gänzlich davon befreien. Aber wir können uns auf den Weg machen!

 

Wenn ich das Verhalten eines Kindes verstehen will, muss ich anfangen mich wirklich für das Kind zu interessieren. Wie sind die Lebensumstände? Daheim und in der Kita? Hat es Freunde? Was sind das für Freunde? Welche Rolle hat es daheim, in der Kita, bei Freunden? Wofür kann sich das Kind total begeistern? Wann kommt es an seine Grenzen und rastet aus? Wann kommt es an seine Grenzen und fängt an zu weinen? Was malt es für Bilder? Was ist sein Lieblingsessen? Wovor hat es Angst? Wann ist es so richtig gelöst? Was bedeutet ihm sein Lieblingskuscheltier usw.

 

Ganz egal ob Elternteil oder pädagogische Fachkraft, im Interesse für das Kind liegt der Schlüssel zur Bindung und damit auch zur Lösung des Problems (wenn es eins gibt).

 

 

 

In meinen letzten Wochen in meiner Kita habe ich für die Portfolioordner meiner Bezugskinder ein Interview mit ihnen durchgeführt. Mit ganz basalen Fragen wie: Wer sind deine Freunde? Wo spielst du gerne? Was ist deine Lieblingsfarbe? Was ist dein Lieblingstier? Was spielst du am Liebsten etc. Ich wollte das ursprünglich nur mit meinen Bezugskindern machen. Aber stattdessen saß ich einen Vormittag in der Garderobe an einem Tisch und führte unzählige Gespräche mit ganz vielen Kindern, die total begeistert waren etwas über sich erzählen zu können. Und natürlich war auch ich ganz begeistert, fragte nach, fragte mehr und hatte das Gefühl die Kinder noch viel besser kennengelernt zu haben. Besonders spannend war, dass sich dadurch wirklich sofort etwas in der Beziehung zu den Kindern änderte. Durch Interesse entsteht Vertrauen und es entsteht Strahlen. Denn ganz viele Kinder saßen mit strahlenden Augen vor mir und genossen diese Zeit in der es nur um sie ging. Nur um dieses Kind in diesem Moment! Ein Geschenk!

 

 

Fazit

 

Bei Interesse gibt es kein „Richtig“, oder „Falsch“, sondern nur ein „Wie ist das bei dir?“ Interesse schenkt Aufmerksamkeit, schenkt emotionale Öffnung und Vertrauen und führt zu einer Vertiefung der Beziehung.

 

Durch das Interesse verändert sich etwas in der Beziehung und dadurch automatisch auch im Verhalten des Kindes. Und wir selbst können plötzlich geduldiger und verständnisvoller sein.

 

 

 

Deswegen möchte ich euch einladen euch zu interessieren! So richtig! Für eure Kinder, für die Erzieherinnen eurer Kinder, für eure Partner und eure Eltern und eure Freunde und vielleicht auch für die Bäckereifachverkäuferin, die total im Stress ist und die sich über ein liebes Wort und einen lieben Blick mehr freut, als wir manchmal denken.

 

Fragt nach, fragt tiefer und ladet andere ein sich zu öffnen und mit euch in Verbindung zu gehen! Es wird euch bereichern und mit dem Strahlen der Menschen belohnen.

 

Alles Liebe

Verena

 

Kinder sind so bunt wie die Welt. Lassen wir uns von ihnen verzaubern.